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Beiträge und Entscheidungen/ Medizinrecht

Ein verzögertes Prüfverfahren durch den MDK führt nicht zum Prüfungsausschluss (BSG, Urteil vom 13.11.2012)

Wurden Behandlungsunterlagen durch den MDK innerhalb der 6-Wochenfrist des § 275 Abs. 1c SGB V und damit fristgerecht angefordert, führt ein anschließendes überlanges Prüfverfahren nicht dazu, dass analog § 275 Abs. 1 c SGB V eine Prüfung dennoch ausgeschlossen ist.

Ansprechpartner: Christian Koller, Partner
Ein bayerisches Klinikum stellte nach Durchführung einer stationären Behandlung am 24.5.2007 eine Schlussrechnung. Die zuständige Krankenkasse überwies das Geld unter Vorbehalt und erteilte dem MDK den Auftrag zur Rechnungsprüfung. Der MDK zeigte dies der Klinik vor Ablauf von sechs Wochen an. Nachdem nach 7 Monaten die Prüfung immer noch nicht abgeschlossen war, teilte die Klinik der Krankenkasse mit, dass die Frist für eine zeitnahe Prüfung iS des § 275 Abs 1c S 1 SGB V verstrichen sei und sie deshalb den Fall zu ihren Gunsten abschließe. 
Darauf hin erhob die Krankenkasse Klage auf Herausgabe der Behandlungsunterlagen an den MDK und Erstattung einer vorläufig unbezifferten Forderung. Das Sozialgericht trennte die beiden Klagen ab und verurteilte die Klinik auf Herausgabe der Behandlungsunterlagen. Auf die Berufung der Klinik hob das Bayerische Landessozialgericht das sozialgerichtliche Urteil auf und wies die Klage ab. Zur Begründung führte das LSG aus, dass die Krankenkasse sich das Verhalten des MDK zurechnen lassen müsse. Dem Herausgabeanspruch der Klägerin stehe wegen der mehr als sieben Monate lang nicht durchgeführten Prüfung des MDK eine aus Treu und Glauben abzuleitende Einwendung der Klinik entgegen. 
Das BSG sah dies jedoch anders. Das beklagte Klinikum ist zur Übermittlung der geforderten Sozialdaten verpflichtet, um dem MDK die von der klagenden Krankenkasse zeitgerecht beantragte Auffälligkeitsprüfung zu ermöglichen. 
Zur Begründung führte das BSG aus, dass die Krankenkasse nicht das kompensatorische Beschleunigungsgebot verletze, sondern vielmehr ihre Pflicht zur Abschlagszahlung rechtswahrend mit dem hier ausreichenden allgemeinen Vorbehalt der Überprüfung gewahrt habe. Die Klinik kann sich auch nicht auf einen Verstoß der Krankenkasse gegen das seit 1.4.2007 geltende prüfrechtliche Beschleunigungsgebot des § 275 Abs 1c SGB V berufen. Es konkretisiert abschließend die möglichen Sanktionen bei Verstößen gegen dieses Gebot. Leitet die Krankenkasse eine Prüfung iS von § 275 Abs 1c SGB V nicht spätestens sechs Wochen nach Eingang der ordnungsgemäßen Abrechnung ein und zeigt der MDK die Einleitung der Prüfung dem Krankenhaus nicht oder nicht rechtzeitig an, muss das Krankenhaus dem MDK keine Unterlagen mehr herausgeben. Für dennoch rechtswidrig erlangte Unterlagen gilt ein Beweisverwertungsverbot. 
Diese Frist wurde aber vorliegend eingehalten. Weitergehende Folgen können Krankenhäuser dagegen sozialrechtlich (§ 69 SGB V) aus einer zögerlichen Bearbeitung eines Prüfauftrags durch den MDK mit Blick auf die Krankenhausvergütung nicht für sich ableiten. Die Regelung des § 275 Abs 1c S 1 SGB V begründet für Krankenhäuser keine eigenständige Einwendung. Eine solche kann auch nicht in die Vorschrift "hineingelegt" werden. Das verbietet ihre abschließende, abgestufte Regelungskonzeption. Die Norm sanktioniert lediglich die Missachtung der kurzen Sechs-Wochen-Frist (Abs 1c S 2), gelangt bei Abrechnungsprüfaufträgen ohne folgende Abrechnungskürzungen zu einer pauschalen Aufwandspauschale (Abs 1c S 3) und lässt nach erfolgter rechtskonformer Einleitung der Prüfung die kurze Verjährungsfrist (entsprechend § 45 SGB I) als Zeitgrenze eingreifen. Die Regelung des § 275 Abs 1c SGB V eröffnet hingegen Krankenhäusern keinen Raum dafür, sich etwa wegen zögerlicher Prüfbearbeitung des MDK auf Verwirkung oder sonstige auf Treu und Glauben gestützte Einwendungen zu berufen. 

Fundstelle: BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R