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Allgemeines Versicherungsrecht

Das Problem der Mehrfachversicherung bei Honorarärzten (BGH, Urteil vom 13.03.2018)

Ist ein Arzt – zumindest mit einem teilidentischen Interesse – mehrfachversichert (als Belegarzt und als niedergelassener Arzt), dann soll der Regress des Haftpflichtversicherers des Krankenhauses von Zahlungen nach einer fehlgeschlagenen
Operation gegen den Arzt auch dann am Vorrang des Innenausgleichs nach § 78 I Alt. 2 VVG scheitern, wenn der andere Haftpflichtversicherer die Deckung verweigert hat.

Ansprechpartner: Christian Koller, Fachanwalt für Medizinrecht und Partner

Der Beklagte ist ein niedergelassener Neurochirurg in eigener Praxis. Zusätzlich operiert er als Honorararzt in einem Krankenhaus. Für seine Tätigkeit als niedergelassener Arzt unterhält er eine Haftpflichtversicherung. Das Krankenhaus wiederum ist bei der Klägerin haftpflichtversichert. Nach dem zwischen dem Beklagten und dem Krankenhaus geschlossenen Honorararztvertrag und einer entsprechenden Deckungsvereinbarung zwischen dem Krankenhaus und der Klägerin erstreckt sich die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses bei der Klägerin auf die im Rahmen des Honorararztverhältnisses zu erbringenden ärztlichen Leistungen des Beklagten.

Der Beklagte operierte nun in seiner Funktion als Honorararzt einen Patienten. Die insoweit fehlerhafte Indikationsstellung erfolgte in der Praxis, die Operation im Krankenhaus, wobei der Patient mit der Klinik einen totalen Krankenhausaufnahmevertrag geschlossen hatte. Für den operativen Eingriff erhielt der Honorararzt vom Krankenhaus ein entsprechendes Entgelt. Aufgrund der fehlerhaften Indikationsstellung kam es zu einem Schaden des Patienten. Dieser schloss deshalb mit der Klägerin als Haftpflichtversicherung des Krankenhauses einen Abfindungsvergleich.

Im Anschluss regressierte die Klägerin den hälftigen Betrag bei dem Beklagten. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten lehnte dabei eine Eintrittspflicht ab. Daraufhin erhob die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses Klage gegen den Honorararzt.

Der BGH stellte nun fest, dass die klagende Haftpflichtversicherung von dem Beklagten keine hälftige Erstattung der von ihr geleisteten Schadenersatzzahlungen verlangen könne. Zwischen dem Krankenhaus und dem Honorararzt habe eine gesamtschuldnerische Haftung bestanden. Dabei hatte das Krankenhaus gemäß § 278 BGB auch für das Verschulden des Beklagten einzustehen. Insgesamt lag zwischen dem Krankenhaus und dem Beklagten nur ein einheitliches Gesamtschuld Innenverhältnis vor und keine gesonderte Gesamtschuld im Sinne des §§ 421 BGB.

Soweit das behauptete Behandlungsverschulden des Beklagten seiner honorarärztlichen Tätigkeit zuzuordnen ist, sei der beklagte Honorararzt im Innenverhältnis der Gesamtschuldner nicht ausgleichspflichtig und zudem nicht "Dritter" iSd § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG. Schließlich fungiere er als Erfüllungsgehilfe.

Ebenso wenig bestünde nach Auffassung des BGH ein Anspruch gegenüber dem Beklagten, wenn man den Behandlungsfehler seiner niedergelassenen Tätigkeit zuordnen würde. In diesem Falle wäre der Beklagte nicht passivlegitimiert. Es bestehe insoweit der Vorrang des Ausgleichs unter den Haftpflichtversicherern bei Mehrfachversicherung nach § 78 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 Satz 1 VVG.


Fundstelle: BGH, Urteil vom 13.03.2018 - VI ZR 151/17

 
Die Entscheidung wird in der Literatur dahingehend kritisiert, dass es bei Leistungsfreiheit eines Versicherers keinen Innenausgleich geben würde, so dass dann doch wieder der Versicherungsnehmer, d.h. der Honorararzt haftet. Dies sei nicht überzeugend (Langheid/Müller-Frank, "Rechtsprechungsübersicht zum Versicherungsvertragsrecht im ersten Halbjahr 2018", in NJW 2018, 2302, 3204).